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Rezension: EarBook Malacarne- Leben mit der Mafia

Sangu chiama sangu- Blut verlangt nach Blut

"Du kamst in diese Gegend um Gesetz zu diktieren/ Dies ist ein Ort, an dem ehrenwerte Menschen leben/Wo Ehre und Gesetz die Ehre regieren/Und wo Verrat nicht vergeben wird/ Du warst kein Verbrecher, sondern ein Verräter/ Du warst nicht Camorrist, sondern ein Feigling/ Du wolltest das Blut von armen Unschuldigen/ Hier hast Du gemordet ohne Gnade// Aber Blut verlangt nach Blut/ Und von nun an bist Du ohne Wert/ Das Leben eines Unschuldigen!/ Jetzt wirst Du dafür bezahlen/ Das Leben eines Unschuldigen!/ Jetzt wirst Du dafür bezahlen/ Bereite Dich darauf vor zu sterben, den es ist so weit/ Mein Blut ruft nach Rache/ Deine Hand ist eine verdorbene Hand/ Durch mich wird Deine Hand nicht mehr schießen// Blut verlangt nach Blut/ Und von nun an bist Du ohne Wert/ Das leben eines Unschuldigen!/ Jetzt wirst Du dafür bezahlen/ Und für das Blut an Deinen Händen/ Wirst Du bezahlen für die Schande/ Wirst Du bezahlen für die Schande." (Seite 145. Der Text ist in italienischer und deutscher Sprache abgedruckt).

Ganz schön archaisch, nicht wahr? Das ist ein Lied der sizilianischen Mafia. Auf den beiden CDs im EarBook sind 35 solcher folkloristisch anmutenden Lieder zu hören. Die Musik ist sehr melodisch. Man kann sie zur Entspannung beim Lesen hören, allerdings nur dann, wenn man der italienischen Sprache nicht mächtig ist.

In meinen Amazonprofil habe ich nicht grundlos ein Zitat Mahatma Ghandis stehen: "Auge um Auge führt nur zur Erblindung der ganzen Welt." Im Buch erlebe ich das Gegenteil dieses Gedankens und darf mich davon überzeugen, dass er außer zu verbrannter Erde und unsäglichem Leid zu nichts führt.

Während ich mich mit den Texten der 35 Lieder näher befasse- alle sind zu Ende des EarBooks abgedruckt-, wird mir das krankhafte Denken archaischer Männergesellschaften mal wieder bewusst. Das Buch enthält viele preisgekrönte Bilder des Fotografen Alberto Giuliani. Er gehörte 2008 zu den Finalisten des "W. Eugene Smith Grant" für humanistische Fotografie. Dem Klappentext ist zu entnehmen, dass sich Alberto Giuliani mit dem Projekt " Married to the Mob" befasst. Beherrschendes Thema ist in diesem Zusammenhang die Mafia.

Im Buch werden die Strukturen der Mafia aufgezeigt, zeitgleich ist es eine kulturelle Reise in die Landstriche Italiens, die die Mafia geprägt hat, so die Autoren. Die erschütternden Texte sind von Roberto Saviano, Francesco La Licata, Pino Corrias, Antonio Gratteri, Andrea Amato und Rita Borsellino. Ein abgelicheter Videostreifen zeigt eine klassische Hinrichtung der Camorra. Ziel ist es durch ein solches Video die Bewohner eines Viertel zur Zusammenarbeit zu bewegen. Es folgen Bilder über Bilder, die den Betrachter entsetzen und die so gar nicht zu den einschmeichelnden Stimmen auf den CDs passen wollen.


Auf Seite 55 lese ich, dass es äußerst heikel sei, in einem solch verbrecherischen Land eine Frau zu sein, denn dort gelten "vertrackte Regeln, eherne Bräuche, unlösbare Bande." Dort, wo die Mafia herrscht, sind Frauen einem starren, unverbrüchlichen Verhaltenskodex unterworfen. Dieser nötigt sie zu einem riskanten Balanceakt zwischen Fortschrittlichkeit und Tradition, zwischen moralischen Zwängen und grenzenloser Kaltschnäuzigkeit in Geschäftsdingen. Frauen dürfen Mordaufträge erteilen, jedoch nicht fremdgehen oder gar ihren Mann verlassen. Sie haben die Möglichkeiten in unterschiedliche Branchen zu investieren, sollen sich aber nicht schminken, sofern ihr Mann hinter Gittern sitzt. Man glaubt, dass Frauen, die sich die Haare färben, per se untreu sind. Ferner ist man davon überzeugt, dass eine Frau ohne Mann ein lebloses Ding sei, (vgl: S.55).


Üblich ist, dass Männer das Mädchen heiraten, das sie seit ihrer Kindheit kennen, allerdings dürfen Männer Gespielinnen haben. Mafiosi lehnen Oralverkehr bei Frauen ab, weil sie sich auf diese Weise "hündisch" fühlen. Umgekehrt allerdings ist der Oralverkehr in Ordnung. Sex soll männlich sein. Ohne Küsse. Die Männer sind in den Clans geradezu besessen von ihrer Männlichkeit. Die Kontrolle im Geschlechtsleben spielt eine zentrale Rolle bei diesen archaischen Männern, deren Denken und Handeln ausgerichtet ist auf Hierarchie, Macht, Herrschaft über Leben und Tod, die auf Töten und Getötetwerden basiert und wehe dem, der meint, sich darüber hinwegsetzen zu können, (v gl.: S. 56).


Die`Ndrangheta ist die gefährlichste der Mafia-Organisationen. Sie ist die einzige echte Mafia, die global aufgestellt ist. Die Infos von Nicola Gratteri dazu von Seite 98- 101 sind sehr lesenswert.


Dies ist eine Welt, die ich nicht verstehe, umso mehr bin ich irritiert, dass mir die Musik gefällt, die ja die Seelen dieser Menschen spiegelt.




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